Koschitzki Pereira

Brazilian Blues, das Album des Duos Koschitzki/Pereira, ist Fortsetzung und Expansion zugleich. Anfang 2011 legten Stefan Koschitzki (Saxofon, Klarinette, Flöte) und Fabiano Pereira (Gitarre) im Verbund mit zwei Kollegen im Band-Kollektiv Mit4spiel5 eine musikalische Fährte, die reichlich Spielraum für zukünftige Großtaten schuf. Exzellente solistische Finessen gingen seinerzeit spielerisch-leicht den Verbund mit Musik gewordenen Emotionen ein – lässig und anspruchsvoll zugleich. Das Magazin Jazzthing lobte das Album als „gelungen-cleveres Debüt“.  Dreieinhalb Jahre später, im November 2014, reüssierten Koschitzki/Pereira mit dem Album Brasil Antigo als Zweimann-Band. Reich an musikalischer Historie, ließen die beiden Musiker darin mit einer handverlesenen Auswahl an Choro-Originalen diese beinahe vergessene, brasilianische Liedtradition  wiederaufleben. Juvenil, sehnsüchtig und voller emotionalem Feuer im Zusammenspiel, war Koschitzki/Pereira mit dem Album ein kleines Meisterwerk gelungen, das gerade wegen seiner verhältnismäßig intimen Zwiesprache immer noch groß klingt. Und wieder jubelte die Presse: „14 Lehrstücke für alle Möchtegern-Brasilianer auf den billigen Plätzen“, titelte etwa Jazz Podium.

Für das im November 2019 erscheinende Album Brazilian Blues haben Stefan Koschitzki und Fabiano Pereira ihr musikalisches Vokabular beträchtlich erweitert. Dem Pop wie dem Jazz gleichermaßen zugewandt, umgeht das Duo stilistische und kulturelle Grenzen und bleibt gerade deshalb tief im musikalischen Selbstverständnis Brasiliens verwurzelt. Das Land voller Gegensätze und Widersprüche vereint Tradition und Moderne vollkommen selbstverständlich. Koschitzki/Pereira tragen dieser Unbekümmertheit mit Brazilian Blues Rechnung. Die Essenzen von Bebop, Bossa Nova und Pop destillieren Stefan Koschitzki und Fabiano Pereira äußerst erfolgreich zu einem bündigen, knackigen Werk. Und sie klingen darin ortskundiger denn je. Trugen auf Brasil Antigo noch reine Instrumental-Stücke sowohl den solistischen wie auch den narrativen Kunstfertigkeiten des Duos Rechnung, richten die Beiden ihren Fokus jetzt auf Song-Formate. „Um Novo Dia“ (Ein neuer Tag) – der Titel des Eröffnungsstücks der neuen Platte ist Programm: Fabiano Pereira, Sohn eines brasilianischen Vaters, nimmt diesmal mit seinem Gesang unmittelbar an die Hand und geleitet mit sprachlicher Nonchalance spielerisch-leicht in Brazilian Blues.

Ihr neues Album „Brazilian Blues Vol. II“ ist keineswegs nur die Fortsetzung des gleichnamigen, älteren Bruders. Deutlich formenreicher, legerer, vitaler, humorvoller und bisweilen zitatenreicher als der Vorgänger, preschen die zehn neuen oder neuarrangierten Stücke ins Jetzt. Sie sind Spaßbereiter, Bewegungsanimationen und Seelentonikum zugleich – freilich frei von landläufigen Klischees. Wer zur Metrik von „Gib mir den Sommer“ still sitzen bleibt, ist vermutlich schlicht überwältigt vom Weitertragen der Steely Dan-Pop-Jazz-Fackel, die Koschitzki/Pereira mit diesem Kunststück lässig in den Himmel halten, um die düstere Moderne ein wenig zu erhellen. „Ich brauch’ das Gefühl von Glück“, fleht Fabiano Pereira im Refrain der Stefan Koschitzki-Komposition.