Beschreibung
Esther Kaiser vocals
Tino Derado piano
Marc Muellbauer double bass
Roland Schneider drums
Rüdiger Krause guitar
Franz Bauer vibes
Birgitta Flick saxophone
Hasan Al Nour kanun
Akram Younus Al-Siraj cello
Lauren Franklin-Steinmetz cello
“Mut ist eine Sache des Herzens, des Zentrums der Person; deshalb kann man für mutig auch beherzt sagen (das französische und englische Wort courage ist von coeur abgeleitet).“ (aus: Paul Tillich „Mut zum Sein“)
So versteht die Jazzsängerin Esther Kaiser den Begriff Mut als Herzenssache in ihrem neuen Programm „Songs of Courage“ und möchte auf ihrem neuen Album Welten miteinander verbinden um eine gemeinsame musikalische Sprache zu finden für die Themen unserer Zeit. Jazzsounds treffen auf orientalische Klänge, Berliner Jazzmusiker auf geflüchtete Musiker aus Syrien und dem Irak.
„Ich habe nach Möglichkeiten gesucht, mich durch mein Medium, die Musik – auch in gesellschaftlichen Themen auszudrücken. Und den Mund aufzumachen – im wahrsten Sinne des Wortes. Das ist mir wichtig, gerade zur Zeit, mit den momentanen Themen und der Stimmung in der Gesellschaft, dieser teils unversöhnlichen Spaltung zwischen Menschen und Meinungen. Nina Simone hat einmal gesagt „An Artists Duty is to reflect the times“ – dies sehe ich ganz ähnlich“
– sagt Esther Kaiser auf die Frage nach der Motivation für das neue Album.
Esther Kaiser hat sich viel mit starken und couragierten Künstlerpersönlichkeiten beschäftigt diesseits als auch jenseits des Atlantiks – und hat sowohl starke Bezüge zu Eisler und Brecht als auch zu Jazzkünstlern wie Abbey Lincoln, Nina Simone und Max Roach.
Die Songs von Abbey Lincoln auf ihrer letzten CD „Learning how to listen – the music of Abbey Lincoln“ (GLM 2015) waren Esther Kaiser auch Wegbereiter und Inspiration für das neue Album „Songs of Courage“. Es gesellten sich im Laufe der Live-Konzerte der Band wie von selbst weitere Stücke von anderen Künstlern dazu – Stücke beispielsweise von John Lennon, David Bowie, Suzanne Vega, Hanns Eisler und Chick Corea die nun in einem ganz neuen Kontext erklingen und dort miteinander in Kommunikation treten.
„Ich bin mit der Musik der 80er Jahre aufgewachsen, aber über die Schallplatten meiner Mutter auch mit den politischen Songs von Bob Dylan und Joan Baez“ erzählt die Sängerin „We shall overcome z.B. ist einer der ersten Songs an die ich mich erinnern kann, ich wollte diesen Song mal ganz anders singen und die Botschaft von der Nostalgie der 68er loslösen, ihn statt dessen ausgehend von unserer aktuellen Situation 2018 interpretieren“. Das musikalische Ergebnis will sich ganz bewusst nicht in eine stilistische Schublade stecken lassen – und bewegt sich irgendwo zwischen Jazz, Urban Songwriter Pop, Improvisierter Musik und orientalisch anmutender Weltmusik. Und wenn die Ausnahmevokalistin Esther Kaiser dann noch zu exotischen Instrumenten wie der Kalimba und der indischen Shrutibox greift denkt man über solche musikalischen Zuordnungen gar nicht mehr nach.
An der Seite der Sängerin, die neben ihrer Konzerttätigkeit noch eine Professur für Jazzgesang an der Musikhochschule Dresden innehat lässt sich eine internationale Band aus hochkarätigen Instrumentalisten erleben; Berliner Jazzmusiker treffen auf Musiker aus Syrien und dem Irak. Der Bassist Marc Muellbauer, der für ECM zahlreiche Platten eingespielt hat sowie Roland Schneider an den Drums und Pianist Tino Derado, die sich aus der New Yorker Jazzszene kennen gehören schon seit Jahren zur Band von Esther Kaiser. Ebenso der ursprünglich aus Magdeburg stammende Gitarrist Rüdiger Krause, langjähriger Begleiter von Barbara Talheim und Manfred Krug. Dazu gekommen sind nun zwei Musiker, die noch nicht lange in Deutschland leben und als Flüchtlinge ins Land gekommen sind aber dafür schon umso aktiver das Konzertleben in Deutschland prägen: Akram Younus Ramadhan Al-Siraj, ein junger Cellist aus Bagdad, der bereits vor einigen Jahren mit dem Iraqi Symphonic Orchstra Deutschland besucht hat und inzwischen festes Mitglied der preisgekrönten Dresdener Formation Banda Internationale ist und Hasan Al Nour, Medizinstudent und virtuoser Kanun-Spieler aus Damaskus mit absolutem Gehör, der bereits in seiner Heimat mehrere Bands geleitet hat.
„Während der Arbeit an diesem Album mit meiner Berliner Band und den beiden Kollegen aus dem Nahen Osten waren wir immer wieder überrascht, wie nah doch die Arten sind, wie wir alle an Musik, Skalen und Improvisation herangehen – ob nun im europäisch -amerikanisch beeinflussten Jazz oder in der orientalischen Musik. Wir haben uns sehr schnell sehr gut verstanden“.
Dieser neue gemeinsame Sound will aber an mancher Stelle auch bewusst verstören – wenn z.B. beim Bob Dylan Song „Masters of War“ plötzlich die orientalische Kanun erklingt – dann wird der Song und dessen Inhalt ganz automatisch und schmerzhaft nah an die aktuelle politische Situation gerückt. Und auch für die Musiker waren einige Momente im Studio unerwartet nahegehend:
„Als wir „Where have all the flowers gone“ aufgenommen haben mit Akram Al-Siraj am Cello, der aus Bagdad stammt und vor zwei Jahren von dort weggehen musste weil er dort – als freigeistig denkender Künstler – einfach nicht mehr sicher war; das ging dann ganz anders an die Substanz“
Oder die eigene Komposition, die Esther Kaiser beigesteuert hat für das neue Album mit dem Titel „Wanderer between the worlds“, auf dem Hasan Al Nours Kanun erzählend und fast drängend in eine neue Welt aufzubrechen scheint und die den „Wandernden unserer Zeit“ gewidmet ist. Spätestens bei der Textzeile „But the waters are so deep“ sieht man unwillkürlich die Wogen des Mittelmeers vor sich und alles was man seit der Flüchtlingskrise damit verbindet. Es sind auch solche starken und archetypischen Bilder, derer sich das Album immer wieder bedient und sicher hier und da auch mal ein Klischee bedient.
„Ja, der Titel „Songs of Courage“ ist ziemlich hoch gegriffen und mag auch teils naiv und weltverbessernd anmuten – und was soll ich sagen – das ist er ja auch. Dennoch und vielleicht gerade deshalb habe ich ihn gewählt. Er soll zum Nachdenken anregen und gern auch zum kontroversen Diskutieren – das ist es doch, was auch Aufgabe von Kunst und Musik ist.“
Und da wären wir wieder bei Nina Simone: „How can you be an artist and not reflect the times?“
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