Evelyn Huber & Sirius Quartett – Para un mejor mundo – for a better world

Beschreibung

Evelyn Huber Harfe
Gregor Hübner Violine
Fung Chern Hwei Violine
Ron Lawrence Viola
Jeremy Harman Cello

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. In diesem Fall ist es das – übrigens vom Quadro Nuevo-Bassisten Didi Lowka gestaltete – Album-Cover von „Para un mejor mundo – Für eine bessere Welt“, der ersten Zusammenarbeit der Harfenistin Evelyn Huber mit Gregor Hübner und dem New Yorker Sirius Quartet: Zwei Landspitzen ragen da von links und rechts ins stilisierte Wasser, auf einer tummeln sich die vier Instrumente eines Streichquartetts, auf der anderen steht eine Harfe. Öffnet man das Digipack, dann schweben die Instrumente unterm Mondlicht auf die andere Seite. So wie Huber und Hübner den Bogen spannen zwischen ihren so unterschiedlichen Saiteninstrumenten, zwischen alter und neuer Welt, zwischen Klassik, Jazz und Weltmusik.

Ihren Ausgangspunkt hat diese Begegnung darin, dass Evelyn Huber sich mit dem Erreichten nicht zufrieden geben wollte, obwohl oder vielleicht gerade weil sie zur ersten Generation der Harfenistinnen und Harfenisten gehört, die ihr Instrument aus dem Korsett der Klassik befreit und ihm neue Klangfarben, Ausdrucksformen und Einsatzformen beschert haben. Schon parallel zu ihrem klassischen Studium an der Münchner Musikhochschule und der anschließenden Lehrtätigkeit dort wie an der Guildhall School of Music in London besuchte sie Jazz-Workshops in den USA und begann mit den verschiedensten Bands und Ensembles zu spielen, etwa mit dem Klezmer-König Giora Feidman oder dem Saxofonisten Mulo Francel, der sie 2008 schließlich auch fest zu Quadro Nuevo holte, Deutschlands erfolgreichster Welt- und Salonmusik-Band. Vielfach preisgekrönt – unter anderem gewann sie den Bayerischen Kulturpreis und mit Quadro Nuevo zwei Mal den Echo Jazz -, ununterbrochen unterwegs und ausnehmend erfolgreich, wollte sie vor ein paar Jahren doch noch weiter über den Tellerrand hinausschauen und Kompositionsunterricht nehmen, der über den erlernten klassischen Tonsatz hinausgeht. Der befreundete Komponist und Musikwissenschaftler Enjott Schneider empfahl ihr einen Lehrer aus dem Jazzfach, der günstigerweise gerade eine Professur in München angetreten hatte: Gregor Hübner.

Der vom Bodensee stammende Geiger und Pianist Hübner lebt eigentlich seit über 20 Jahren mit seiner Familie in New York, die wohl passendste Stadt für einen grenzüberschreitenden Generalisten wie ihn. Einer, der klassische Violine und Jazzpiano in Wien, Stuttgart und schließlich der Manhattan School of Music studierte und der schon währenddessen in den verschiedensten Konstellationen erfolgreich musizierte – bei Tango Five, einem der erfolgreichsten Ensembles des modernen Tango, mit seinem Bruder Veit in der immer noch bestehenden Spaßband Berta Epple, im Dominic Duvall String Quartet, oder im Kammerorchester Philharmonia Virtuosi. Wegweisend – besonders für eine neue, gelungene Verschmelzung von Klassik und Jazz – war seine jahrelange Zusammenarbeit mit dem New Yorker Pianisten Ritchie Beirach in dessen Trio, unter anderem bekam man für das Album „Round About Mompou“ eine Grammy-Nominierung. Gerne und oft spielte Hübner in Latin Bands, immer wichtiger wurden dann aber seine eigenen Ensembles, das New York NRG Quartet mit Luis Perdomo, Hans Glawischnig und Billy Hart, sein inzwischen auf mehreren Alben dokumentiertes Projekt El Violin Latino und eben das gleichberechtigte Kollektiv Sirius Quartet, das 2007 in der legendären New Yorker Knitting Factory sein Debüt gab. Hier vor allem zeigt sich Hübners herausragendes Kompositionstalent, das Improvisation, experimentelle Notation, traditionellen Kontrapunkt, Strukturen und Melodien aus der Popmusik mit post-tonalen und innovativen Aufführungspraktiken zu vereinen versteht. So erreichen den Gewinner des „New World Composers Competition“ der New Yorker Philharmoniker 2017 seit Jahren Kompositionsaufträge aller Art und Anfragen als Gastdozent aus aller Welt. Und eben der Ruf als Professor in München.

Es nimmt nicht Wunder, dass aus den ersten „Unterrichtsstunden“ der beiden, bei denen man an einigen von Hubers Kompositionen arbeitete, schnell der Wunsch nach einer weitergehenden Zusammenarbeit entsprang. Das Sirius Quartet in der aktuellen Besetzung mit Fung Chern Hwei und Gregor Hübner an den Violinen, Ron Lawrence an der Viola und Jeremy Harman am Cello erschien als das ideale Medium für einen innovativen Umgang mit diesem in dieser stilistisch offenen Konstellation wohl bislang einzigartigen Saiteninstrumentarium. Nach einiger Vorbereitungszeit traf man sich also – um sich auf Anhieb musikalisch wie menschlich blendend zu verstehen. So nahm das Projekt „Para un mejor mundo“ Gestalt an. Jeder brachte Stücke mit, die er für diese Besetzung als ideale Herausforderung ansah: Jeremy Harman zum Beispiel seine wunderbare Komposition „Currents“ die Anklänge an mittelalterliche Musik und serielle Muster wie bei Philip Glass mit rockiger Wucht vereint. Fung Chern Hwei sein ruhiges „Ceili“, das viele Sounds und Klangfarben samt asiatischen Elementen in ein bezwingendes Hauptmotiv packt. Evelyn Huber ihr während eines aufwühlenden Ägypten-Aufenthalts mit Quadro Nuevo vor zwei Jahren entstandene „Nilade“, eine rauschhaft wogende Verbeugung auch vor der orientalischen Musik, aber auch die melancholisch-folkige Mulo-Francel-Komposition „Aventure“ und den lyrisch-minimalistischen „Evelyns Song“, den ihr der Pianist Chris Gall auf den Leib geschrieben hat. Alle gemeinsam fanden schließlich Astor Piazzollas „Oblivion“ in ihrer Saiten-Version unverzichtbar. Und Gregor Hübner schließlich steuerte unter anderem Federico Mompous herzzerreißende „Impressiones intimas“ bei – und komponierte den Titeltrack, seinen durchaus sentimentalen musikalischen Aufruf für eine bessere Welt.

Alles zusammen ergibt ein magisches, schillerndes Kaleidoskop der musikalischen Möglichkeiten, wie sie die außergewöhnliche, ohne Auflagen angegangene Begegnung eines Streichquartetts mit einer Harfe bietet. Mal filigran ausgeklügelte Klanggeflechte, mal spontane Zwiesprachen zwischen den Instrumenten, mal elegische Impressionen, mal dynamische Rhythmusattacken. Ein so noch nicht gehörter Klangkosmos erklingt da. Und das Neue hat ja in der Tat oft das Zeug, die Welt ein bisschen zu bessern – „para un mejor mundo“.